News

Aktuelles im Überblick

Klimaschutz

Alzey hat den Wärmeplan: So gehen Stadt und EWR den Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung


Mit dem Abschluss der kommunalen Wärmeplanung hat Alzey einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur klimaneutralen Wärmeversorgung erreicht. Der Plan zeigt auf, wie die Stadt ihre Wärmeversorgung langfristig effizient, umweltfreundlich und sozial verträglich gestalten will. Im Interview sprechen Bürgermeister Steffen Jung und EWR-Vorstandssprecher Stephan Wilhelm über die nächsten Schritte, Chancen für Bürgerinnen und Bürger und die Bedeutung von Transparenz und Dialog bei der Umsetzung.

Herr Bürgermeister Jung, Herr Wilhelm, die kommunale Wärmeplanung in Stadt Alzey ist abgeschlossen. Hierfür wurden 19 spezifische Maßnahmen beschlossen, um eine zukunftsfähige Wärmeversorgung zu sichern wie z.B. der Ausbau des Wärmenetzes, die Sanierung der Gebäudehüllen von Bestandsgebäuden sowie der Einbau regenerativ zu betreibender Heizungen. Was bedeutet das konkret für die Stadt?

Steffen Jung: Für uns ist das ein Meilenstein. Wir haben nun einen klaren Fahrplan, wie wir die Wärmewende in der Stadt Alzey gestalten wollen. Das Ziel ist eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis spätestens 2045. Besonders wichtig war uns dabei, dass die Planung nicht nur technisch sinnvoll, sondern auch sozial verträglich umgesetzt werden kann. Dies erhöht die Akzeptanz der Maßnahmen durch die Bürgerinnen und Bürgern deutlich. Für uns bedeutet dies insbesondere, dass die Maßnahmen wirtschaftlich tragfähig sein – sowohl für uns als Gemeinde als auch vor allem für die Bürgerinnen und Bürger.


Stephan Wilhelm: Als lokaler Energieversorger hat EWR gemeinsam mit der Tochterfirma Climate Connection die Stadt Alzey fachlich begleitet und technische sowie wirtschaftliche Aspekte frühzeitig mit eingebracht. So konnte die Planung von Anfang an auf Praktikabilität und die gemeinsam gesetzte Zielerreichung auf das Jahr 2045 ausgerichtet werden. Die Stadt Alzey hat dabei immer die sinnvolle Umsetzung im Blick gehabt; das war auch unser Anliegen.


Wie stellen Sie jeweils sicher, dass die Wärmeplanung auch von den Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert wird?

Jung: Wir legen großen Wert auf eine transparente und frühzeitige Einbindung der Bürgerinnen und Bürger. In Informationsveranstaltungen hatten sie die Möglichkeit, Fragen zu stellen, Bedenken zu äußern und eigene Anregungen einzubringen. Natürlich gab es auch Skepsis, insbesondere bezüglich der Kosten. Deshalb setzen wir konsequent auf Nachvollziehbarkeit und auf Information, um Verständnis zu schaffen. Es soll sachlich vermittelt werden, warum welche Maßnahme erfolgen soll – so wie wir es als Stadt bei unseren Gebäuden tun. Zudem ist uns immer wichtig, die Bürgerinnen und Bürger aktiv zu beraten, damit niemand bei Dingen wie der energetischen Sanierung des Eigenheims überfordert wird und die persönliche Entscheidung gut abzuwägen weiß.


Wilhelm in Person

Wilhelm: Der persönliche Bezug ist hier immens wichtig. Mit Angeboten wie dem digitalen Energieberater EWR.OneManager können sich die Bürgerinnen und Bürger eigenständig und kostenlos einen Eindruck verschaffen, welche Einsparpotenziale und Sanierungsmöglichkeiten für ihr Eigenheim bestehen. Auch können sich die Alzeyer Bürgerinnen und Bürger jederzeit an uns wenden, wir unterstützen sie bei der persönlichen Bewertung der möglichen Alternativen zur Gestaltung ihrer persönlichen Klimawende. Darüber hinaus begrüßen wir, dass im gesamten Zeitraum der kWP Bürgerforen und weitere Beteiligungsmöglichkeiten für die Alzeyerinnen und Alzeyer angeboten werden.


Welche konkreten Vorteile haben die Bürgerinnen und Bürger von Alzey nun, nachdem die Wärmeplanung abgeschlossen ist?

Jung: Die Bürgerinnen und Bürger von Alzey profitieren sowohl unmittelbar als auch langfristig von der Umsetzung der Wärmeplanung. Zum einen haben sie nun eine klare Orientierung, welche nachhaltigen und zukunftsfähigen Heizoptionen in ihrem Wohngebiet zur Verfügung stehen können – sei es der Anschluss an ein Wärmenetz oder die Möglichkeit zur individuellen Umstellung auf effiziente Technologien wie z.B. Wärmepumpen. Zum anderen sorgt die Wärmeplanung für die notwendige Transparenz hinsichtlich Zukunftsprognosen zur Energieversorgung. Dadurch können die Menschen informierte und verlässliche Entscheidungen für sich treffen und ihre Investitionen gut planen, was letztlich zu einer bezahlbaren und umweltfreundlichen Wärmeversorgung beiträgt.

Wilhelm: Ein weiterer Vorteil liegt in der langfristigen Stabilität. Mit der Umstellung auf nachhaltige Heizsysteme reduzieren wir die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Diese unterliegen am Weltmarkt immer noch starken Preisschwankungen, mit der Verknappung der Ressourcen sowie der CO2-Bepreisung werden die Preise aller Voraussicht nach langfristig eher steigen als sinken. Wärmenetze und erneuerbare Lösungen bieten mittelfristig stabilere, planbarere Kosten. Außerdem tragen die Bürgerinnen und Bürger aktiv dazu bei, dass ihre Stadt klimaneutral wird – das steigert sowohl die Attraktivität der Stadt als Wohn- und Wirtschaftsstandort, als auch langfristig die eigene Lebensqualität.


Herr Wilhelm, Wärmenetze gelten als besonders effizient – deren Errichtung ist allerdings nicht sehr kostengünstig. Wie wollen Sie die Finanzierung stemmen?

Wilhelm: Wärmenetze sind tatsächlich große Investitionen. Aber sie sind vor allem in dicht besiedelten Gebieten und für die lokale Industrie eine nachhaltigste Lösung. Wir setzen auf einen Finanzierungsmix: Eigenmittel, staatliche Förderungen und langfristige Abnahmeverträge mit den Kunden. Für den gemeinsamen Erfolg ist entscheidend, dass genügend Haushalte und Unternehmen mitmachen, damit die Netze wirtschaftlich betrieben werden können. Die Planung für Alzey zeigt: Ein Wärmenetz kommt nur für sehr begrenzte Gebiete in Betracht, wie z.B. in der Alzeyer Innenstadt. Die Kosten für die Verbraucher sollen natürlich möglichst geringgehalten werden. Die Preise richten sich hier nach festen Preisindizes. Letztlich wird auch der Wärmeliefervertrag mit dem Kunden verlässlich und verbraucherfreundlich formuliert, da bin ich guter Dinge.


Kritiker sagen, ein Energieversorger verfolge auch eigene wirtschaftliche Interessen, wie sehen Sie das?

Wilhelm: Als regional verankertes Unternehmen mit kommunalen Gesellschaftern, darunter auch die Stadt Alzey und vielen weitere Kommunen, tragen wir Verantwortung für eine sichere und faire Energieversorgung der Menschen hier vor Ort. Wirtschaftliches Handeln gehört selbstverständlich dazu und dient dem langfristigen Erhalt und Ausbau der Infrastruktur zum Vorteil der Kunden und der Gemeinden. Unser Ziel ist es, eine verlässliche und gleichzeitig nachhaltige Versorgung für Alzey und ganz Rheinhessen sicherzustellen und auszubauen. Das in uns gesetzte Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in der gesamten Region Rheinhessen zur Umsetzung dieses Ziels sehen wir als unseren Auftrag.


Herr Jung, was sind nun die nächsten Schritte?

Jung: Mit dem Abschluss der Wärmeplanung startet nun die eigentliche Umsetzung. Den Anfang macht der Ausbau von Wärmenetzen in den prioritären Gebieten, die im Plan identifiziert wurden. Parallel dazu unterstützen wir Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer bei individuellen Lösungen, wie dem Einbau von Wärmepumpen und energetischen Sanierungen. Tolle Arbeit liefert hierzu auch die Verbraucherzentrale in Alzey. Die Wärmeplanung liefert uns den Fahrplan und klare Ziele – jetzt gilt es, diese Schritt für Schritt gemeinsam mit der Bürgerschaft und den Fachpartnern in die Tat umzusetzen. Dabei setzen wir auf umfassende Beratung, transparente Förderprogramme und die Schaffung von verlässlichen Rahmenbedingungen, um die Wärmewende für alle bezahlbar und praktikabel zu gestalten.


Lassen Sie uns über kritische Punkte sprechen. Viele Menschen haben Bedenken wegen steigender Heizkosten. Was antworten Sie ihnen?

Jung: Die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger vor höheren Heizkosten sind nachvollziehbar und wir nehmen diese sehr ernst. Deshalb setzen wir in Alzey auf eine gut durchdachte, soziale und nachhaltige Wärmeplanung, die den Umbau der Wärmeversorgung nicht nur klimafreundlich, sondern auch sozial gerecht gestaltet. Im Austausch mit der Alzeyer Baugesellschaft ist dies häufiger Thema. Wir möchten prüfen, inwieweit wir als Stadt teils finanziell energetische Sanierungen oder den Einbau effizienter Heizsysteme wie Wärmepumpen oder auch den Ausbau von Wärmenetzen unterstützen können. Mein Ziel ist langfristig stabile und bezahlbare Energiekosten für alle. Zudem sorgen wir durch umfassende Beratung dafür, dass auch die Haushalte selbst Entscheidungen mit bestem Wissen und Gewissen abwägen können, ohne sich überfordert zu fühlen. Unser Ziel ist eine Wärmeversorgung, die für alle bezahlbar bleibt und gleichzeitig niemanden zurücklässt.

Wilhelm: Ergänzend möchte ich sagen, dass der Umstieg auf Wärmenetze - wo sinnvoll und möglich - und nachhaltig zu betreibende Heizsysteme langfristig zu stabileren und günstigeren Heizkosten für jeden Einzelnen führen wird. Die hierfür notwendigen kurzfristig höheren Investitionen müssen sorgfältig und mit Augenmaß geplant werden.


Und was passiert, wenn sich nicht genug Bürgerinnen und Bürger für einen Anschluss ans Wärmenetz entscheiden?

Wilhelm: Das Risiko besteht, dessen sind wir uns bewusst. Darum setzen wir auf gute Informationsarbeit und transparente Vertragsbedingungen. Wir zeigen den Menschen auf, dass ein Anschluss sowohl ökologisch als auch ökonomisch eine sinnvolle Lösung ist. Je mehr mitmachen, desto günstiger wird es für alle.


Die lokale Industrie wurde ebenfalls eingebunden. Welche Rolle spielt sie?

Jung: Sie spielt eine sehr große Rolle. Die Industrie ist nicht nur ein Abnehmer von Wärme, sondern kann zukünftig über Abwärmenutzung auch Einspeiser werden. Das schafft Synergien, die die gesamte Wärmeversorgung nachhaltiger machen.

Wilhelm: Die Einbindung der Industrie ist ein Schlüssel für Effizienz und Akzeptanz. Hier laufen auch bereits diverse Gespräche. Das mögliche Potenzial bei der Wärmeversorgung ist für die Unternehmen auch aus Gründen der Wirtschaftlichkeit absolut vorhanden, sowohl als Abnehmer als auch als Wärmelieferant. Das Bewusstsein hierfür zu schaffen sehen wir ebenfalls als unsere Aufgabe an.


Letzte Frage: Wie gestalten Sie Beteiligungsprozesse so, dass Bürgerinnen und Bürger sich als gleichwertige Partner wahrgenommen werden und sich nicht bevormundet fühlen?

Jung: Uns ist es sehr wichtig, dass wir jeder Bürgerin und jedem Bürger auf Augenhöhe begegnen. Deshalb setzen wir auf Dialog und Mitgestaltung statt auf Vorgaben von oben. Wir bieten für Information, Beratung verschiedene Optionen an, sodass sich alle in Ruhe informieren und selbst entscheiden können, welcher Weg für das eigene Haus oder die eigene Wohnung der Beste ist. Das Wissen um die Folgen dieser individuellen Entscheidungen ist uns wichtig. Freiwilligkeit und Transparenz sind für uns zentrale Werte, damit niemand das Gefühl bekommt, etwas aufgezwungen zu bekommen. Unser Ziel ist es, dass die Menschen sich ernstgenommen fühlen und aktiv an der Wärmewende teilhaben.

Wilhelm: Für uns gilt: Vertrauen entsteht durch Transparenz und Fakten. Wir werden jeden Schritt erklären, nachvollziehbar machen und individuell ergebnisoffen beraten, so dies gewünscht ist.

Zurück