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„Sie haben das Museum gelebt“ – Stadt Alzey verabschiedet Dr. Eva Heller-Karneth und Dr. Rainer Karneth in den Ruhestand


Mit einer feierlichen Verabschiedung im Alzeyer Museum endete am Mittwoch offiziell eine Ära: Nach fast vier Jahrzehnten engagierter und prägender Arbeit wurden Dr. Eva Heller-Karneth und Dr. Rainer Karneth in den Ruhestand verabschiedet. Bürgermeister Steffen Jung würdigte das Ehepaar als „Gesichter des Museums“, das über Jahrzehnte hinweg Maßstäbe gesetzt habe – museal, menschlich und mit Blick für die Zukunft. Kurz: Eine Ära geht zu Ende, während die nächste Ära schon begonnen hat.

„Sie haben das Museum nicht nur verwaltet“, sagte Jung. „Sie haben es entwickelt. Erneuert. Gelebt. Mit Fachverstand, mit Stil – und mit einem feinen Gespür für Menschen.“

Ein Haus, das inspiriert – dank Haltung und Engagement

Denn das Alzeyer Museum ist weit mehr als nur ein Ort der Ausstellung – es ist ein Lernort, eine Begegnungsstätte, das Gedächtnis der Region. Dass dieser Anspruch mit Leben gefüllt wurde ist zu großen Teilen der Verdienst der Karneths. Sie haben über Jahrzehnte ein Haus gestaltet, das inspiriert, das einlädt – und das mit rund 11.000 Besucherinnen und Besuchern pro Jahr längst fester Bestandteil der städtischen Erinnerungs- und Erlebniskultur ist.

Dr. Eva Heller-Karneth kam 1986 aus Bayern nach Rheinhessen. Sechs Jahre später kam ihr Mann Dr. Rainer Karneth hinzu – ab dann führten sie das Museum gemeinsam, im damals noch ungewöhnlichen Job-Sharing-Modell. Eine Zusammenarbeit, die bis zuletzt geprägt war von gegenseitigem Respekt und fachlicher Ergänzung.

Zwei Häuser unter einem Dach und ein gemeinsames Ziel

Oder, wie sie es selbst formulierten: „Arbeit unter einem Dach – aber irgendwie in zwei Häusern. Denn wir haben das Museum unterschiedlich erlebt, hatten verschiedene Schwerpunkte. Und das war gut so." Trugen diese unterschiedlichen Sichtweisen doch auch zur Vielfalt  des Museums bei. Zwei Blickrichtungen, zwei Meinungen. Richtschwert und Druckerpresse auf der einen Seite – Volkskundliche Aspekte, ja sogar Waschmaschinen auf der anderen. Und dazwischen: viele gemeinsame Lieblingsexponate. Nymphenstein. Neolithische Dinge. Und natürlich die neue Steinhalle.

Sie haben das Haus professionalisiert – architektonisch, pädagogisch und inhaltlich. Sie haben Barrierefreiheit nicht nur mitgedacht, sondern umgesetzt, bevor sie zur Standardforderung wurde. Sie haben museumspädagogische Angebote ausgebaut, die Forschung zur Regionalgeschichte vertieft – und mit Formaten rund um die 1800-Jahrfeier im Jahr 2023 neue Zielgruppen erreicht.

Von der Idee zum Leuchtturmprojekt

Und dann, quasi auf der letzten Etappe, war da dieses große Bauprojekt, an dem sich die Geister lange schieden: die neue Steinhalle. Ein Kraftakt, in jeder Hinsicht. Doch die Erleichterung bei der Eröffnung im März 2023 war spürbar – und berechtigt. Die Steinhalle ist heute das Herzstück des Hauses. Offen, modern, lichtdurchflutet – und voller Geschichte.

Ein Ort zum Staunen – und zum Reinschauen. „Durch diese großen Fenster sollen die Leute neugierig gemacht werden auf das, was wir hier haben“, hatte Rainer Karneth einst gesagt. Und mit Blick auf die zweite Etage ergänzt: „Sehr beliebt – wegen des Blicks auf die Stadt.“ Es ging ihnen nie nur um Objekte. Sondern um Ausblick, um Weitblick. Und um die Einladung, sich in der Geschichte wiederzufinden.

Auszeichnungen als sichtbare Zeichen der Anerkennung

Dass sie mit ihrer Arbeit Maßstäbe gesetzt haben, zeigen nicht nur die Besucherzahlen – sondern auch die Auszeichnungen. Im November 2024 wurde das Museum als „Museum des Monats“ in Rheinland-Pfalz ausgezeichnet. Und der Stadtrat hat beschlossen, beiden im Jahr 2024 die Rathausmedaille zu verleihen – als Zeichen für ihr langjähriges Wirken für das Gemeinwohl, insbesondere für ihr außergewöhnliches Engagement rund um das Römerjahr 2023. Eine Auszeichnung, die sie mit gewohnter Bescheidenheit kommentierten: „Das ist keine Ehrung für uns – sondern für das Museum. Und für alle, die mitgemacht haben. Vom Schüler bis zum Rentner. Denn das Museum ist ein Museum für und mit allen. Von Bürgern für Bürger.“

Auch Ministerialrat a. D. Anton Neugebauer, langjähriger Wegbegleiter der beiden, würdigte das Engagement. Er sprach von einem „warmherzigen Museum, das zugleich ein landeshistorischer Leuchtturm“ geworden sei. Und erinnerte mit einem Augenzwinkern an „das typische Bild bei Hunderten von Veranstaltungen zwischen Alzeys Historie – volles Haus, und die Karneths holen nach und nach noch mehr Stühle.“ Der Zuspruch, das Interesse an Museumsabenden und Vorträgen - es spricht für sich.

Kein Wegschauen: Geschichte mit allen Facetten

Neugebauer lobte auch die inhaltliche Offenheit, den kritischen Blick des Duos: „Sie haben sich nie gescheut, alle Seiten von Stadt und Region zu beleuchten. Ob Volker von Alzey oder Georg Scheu – Krieger und Narr in einer Person oder NS-Nähe – die Karneths setzten sich auch kritisch mit den Personen der Region auseinander.“

In ihrer Abschiedsrede blickten die beiden Protagonisten des Abends auf vier Jahrzehnte voller Wandel, voller Projekte, voller Begegnungen zurück und zwar so, wie sie arbeiteten: Als Duo. Und so unterschiedlich manchmal die Arbeitsweise, die Schwerpunkte und die Wahrnehmungen im Arbeitsalltag, in einer Sache sind sich die beiden Mittelfranken einig: „Es war eine anregende und befriedigende Tätigkeit." Auch wenn sie schmunzelnd einräumten: „Bei aller ehrenamtlichen Ausbeuterei.“

Dank an das Netzwerk – und ein Wunsch an den Nachfolger

Besonders dankbar zeigten sich Dr. Eva Heller-Karneth und Dr. Rainer Karneth für die vielen Mitstreiterinnen und Mitstreiter: „Die Ehrenamtlichen, die Expertinnen, die Kritischen – sie alle haben Ausstellungen, Projekte und Arbeitskreise bereichert.“ Für ihren Nachfolger, Prof. Dr. Tim Kerig, der seit ein paar Monaten im Amt ist, gaben sie einen persönlichen Wunsch mit auf den Weg: „Wir wünschen ihm genauso viel Spaß, wie wir ihn hatten.“

Zum Abschluss richtete Bürgermeister Jung noch einmal das Wort direkt an die beiden langjährigen Gesichter des Alzeyer Museums: „Sie haben nicht laut gewirkt. Nicht aufdringlich. Aber mit Klarheit, Fachkompetenz, Stil und Herz. Dafür danke ich Ihnen – im Namen der Stadt, des Stadtrats und aller Alzeyerinnen und Alzeyer.“

Und er wünschte: „Zeit – für Reisen, neue Projekte. Oder einfach nur zum Genießen. Der Wartberg wartet schon auf Sie.“

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